Lohnt sich ein Besuch auf der Frankfurter Buchmesse?

Jedes Jahr im Oktober steht die Frankfurter Buchmesse an. Lohnt sich für Autorinnen und Autoren eines Expertenbuchs ein Besuch? Die klare Antwort: Das kommt darauf an …

Die Buchmesse in Frankfurt ist das wichtigste Branchenevent der Verlagswelt weltweit. An fünf Tagen präsentieren nicht nur Verlage aus aller Welt ihr neues Programm. Daneben sind viele Dienstleister rund um Publikationen aller Art vor Ort. Außerdem durchstreifen Buchhändler, Journalistinnen, Lektoren, Grafikerinnen, Agenten und viele mehr die Gänge. Nicht zuletzt stürmen Samstag und Sonntag begeisterte Besucher und Besucherinnen die Hallen. Vor allem an diesen Besuchertagen ist die Frankfurter Buchmesse voll, laut und anstrengend.

Wann lohnt sich ein Besuch auf der Frankfurter Buchmesse nicht?

Viele Besucher und Besucherinnen sind von ihrem ersten Messebesuch enttäuscht. Zu weit klaffen Erwartungen und Realität auseinander. In diesen Fällen lohnt sich ein Besuch auf der Frankfurter Buchmesse eher nicht:

Manuskript verkaufen? Schwierig, schwierig

Viele Autorinnen und Autoren fahren auf die Frankfurter Buchmesse, um dort einen Verlag für ihr Manuskript zu finden. Die Wahrscheinlichkeit, dass das gelingt, ist allerdings sehr gering:

  • Wie jede Messe ist auch die Frankfurter Buchmesse eine Verkaufsveranstaltung. Die Kolleginnen und Kollegen an den Messeständen der Verlage kommen daher meist aus den Vertriebsabteilungen und haben mit der Programmplanung und Titelauswahl eher wenig zu tun. Ihr Ziel ist es, die mitgebrachten Neuerscheinungen in die Buchhandlungen zu bekommen.
  • An einigen Tagen sind auch die Lektorinnen und Lektoren der Verlage vor Ort. Und haben dann einen prall gefüllten Kalender: Sie treffen sich auf der Buchmesse vor allem mit Agenten und Agentinnen. Oder auch mit anderen Dienstleistern und Dienstleisterinnen, die in aktuelle Projekte eingebunden sind. Wer ohne Termin bei den Messeständen vorbeischaut, hat in der Regel keine Chance auf ein spontanes Gespräch.

Wenn du für dein Expertenbuch einen Verlag suchst, sind andere Wege erfolgversprechender.

  • Schick ein aussagekräftiges Exposé  – zugeschnitten auf das jeweilige Programm – an den Verlag.
  • Wende dich an einen Agenten oder eine Agentin.

Bücher kaufen? Geht nur am Wochenende

Viele Buchliebhaber und -liebhaberinnen würden am liebsten ganze Messestände leerkaufen. Allerdings sind Buchverkäufe nur am Wochenende (seit 2019 auch am Messesamstag) erlaubt.

Du bekommst an den anderen Messetagen ein Buch – etwa als Beleg-, Ansichts- oder Rezensionsexemplar? Dann lass dir einen Bescheinigung vom Verlags geben, dass du es rechtmäßig erhalten hast. Die Verlag haben dafür kleine Zettelchen, die als Beweis in das Buch eingelegt werden. Das soll gegen den Bücherklau helfen.

Bei den Neuerscheinungen stöbern? Nur bedingt zu empfehlen

Rein theoretisch ist ein Besuch auf der Frankfurter Buchmesse der Traum von Viellesern und Vielleserinnen: gleich mehrere riesige Hallen, in denen sich Bücher jeglicher Couleur stapeln. Was könnte schöner sein, als eine interessante Neuerscheinung zu nehmen, sich damit in ein stilles Eckchen zu verkrümeln und in den Buchseiten zu versinken?

Ganz praktisch aber ist ein Besuch auf der Frankfurter Buchmesse vor allem anstrengend: Die Wege sind weit, die Hallen sind voll, laut und schlecht belüftet. In den Gängen zwischen den Ständen drängeln sich die anderen Besucher und Besucherinnen. An den Ständen der großen Verlage bilden sich Trauben um die interessantesten Titel. Und es gibt kaum Platz, um zwischendurch einmal zur Ruhe zu kommen. Von Lesevergnügen keine Spur.

Wem es nur um Neuerscheinungen geht, ist meiner Meinung nach in einer Buchhandlung besser aufgehoben. Ist sie gut sortiert, sind die wichtigen Titel auch dort vorhanden. Eine Beratung durch kompetente Buchhändlerinnen und Buchhändler gibt’s noch dazu. Im Vergleich zum Besuch auf der Frankfurter Buchmesse kannst du so viel Geld und Zeit sparen – und beides in gute Bücher investieren.

Branche kennenlernen: Ja, bitte!

Allerdings: Über 285.000 Besucher (2018) können sich nicht irren. Autoren und Autorinnen eines Expertenbuchs haben hier vor allem die Möglichkeit, die Buchbranche intensiv zu erleben.

Überblick verschaffen: Welcher Verlag macht was?

Die Buchmesse mag nicht der richtige Ort sein, um sein Manuskript an den Mann oder die Frau zu bringen. Dennoch kann es sich für dich lohnen, gezielt die Messestände einzelner Verlage anzusteuern und deren Programm zu sichten.

Als Expertin und Experte verschaffst du dir mit einem (geplanten und gut vorbereiteten) Messerundgang einen Überblick und bekommst einen Eindruck von der Vielfalt der Verlagslandschaft. Du kannst dich über die verschiedenen programmatischen Schwerpunkte informieren und in den neuesten Publikationen blättern. Gerade kleinere Verlage, die in Buchhandlungen wenig vertreten sind, kannst du so besser kennenlernen. Und mit etwas Glück erwischst du dort auch Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen, die Zeit haben, um deine Fragen zu beantworten.

Wettbewerbsbeobachtung: Was schreibt die Konkurrenz?

Wer ausreichend Zeit mitbringt, kann die Frankfurter Buchmesse gut für eine Konkurrenzbeobachtung nutzen. Deutsche Sachbuchverlage sind in den Hallen 3.0, 3.1 und 4.1, Fachverlage in der Halle 4.2 untergebracht (Buchmesse 2019). Es lohnt sich diese vier Hallen abzulaufen und die Neuerscheinungen zu sichten. Welche Themen tauchen häufiger auf und zeigen einen Trend auf? Wie sind die Bücher ausgestattet? An welche Leser und Leserinnen wendet sich deine potenzielle Konkurrenz? Mach dir Notizen, welche Bücher du dir zu Hause in Ruhe genauer unter die Lupe nehmen willst.

Ich selbst sehe mir übrigens zumindest noch die Stände der US-amerikanischen Verlage an. Diese nehmen oft Themen auf, die ein oder zwei Jahre später auch in Deutschland wichtig werden.

Angebote für Selfpublisher kennenlernen

Wenn du dir vorstellen kannst, dein Expertenbuch im Selfpublishing zu veröffentlichen, kannst du dir auf der Frankfurter Buchmesse einen sehr guten Überblick über die verschiedenen Dienstleister und ihre Angebote verschaffen. Kindle Direct Publishing, BoD (Books on Demand), der Selfpublisher-Verband, der Verband der freien Lektorinnen und Lektoren (VFLL) und viele andere Aussteller mehr präsentieren ihre Angebote und Dienstleistungen. Außerdem gibt es viele Vorträge und Expertengespräche statt, die über die verschiedenen Schritte des Publizierens aufklären. So viel Überblick auf einen Schlag bekommst du nur auf den Buchmessen in Frankfurt und Leipzig.

Netzwerken? Dafür ist die Messe ideal

Wer schon häufiger auf der Buchmesse war, stellt fest: Das hat was von Klassentreffen! Auch wenn die Verlagsbranche riesig ist, kennt irgendwie jeder jeden. Überall in den Messehallen finden Veranstaltungen statt: Autoren lesen aus ihren Büchern, Expertinnen werden interviewt, Dienstleister führen Programme und Services vor, Kochbuchverlage lassen ihre Köchinnen etwas für das Publikum kochen und so weiter. Das Angebot ist so vielfältig, dass es schwerfällt, sich für eine Veranstaltung zu entscheiden (mir zumindest).

Experten und Expertinnen, die ihr eigene Buch schreiben, können sich mit anderen Autoren und Autorinnen, aber auch mit Dienstleistern, Lektorinnen, Beratern, Übersetzerinnen, Bloggerinnen und anderen Influencern zu vernetzen. Besonders gut ist dafür das Areal Frankfurt Authors in der Halle 3.0 geeignet. Hier finden Vorträge, Workshops, Netzwerktreffen und mehr statt. Interessant sind vor allem die Events, die sich direkt an die Autorinnen und Autoren wenden.

Fährst du zur Frankfurter Buchmesse? Mit welchen Erwartungen besuchst du sie? Auf welche Fragen wünschst du dir Antworten? Ich freue mich auf Kommentare zum Thema.

Abb.: Annette Shaff – Shutterstock

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