Wenn Perfektionismus dich beim Schreiben behindert …
Die Sätze holpern, der Inhalt steht teilweise noch auf wackligen Füßen und alles hört sich schief an — erste Textentwürfe sind für Menschen mit einem ausgeprägtem Perfektionismus eine echte Herausforderung. Lass dich davon nicht ausbremsen. Ich habe ein paar Tipps für dich, wie du deinen Perfektionismus im Zaum hältst.
Bücher sollen möglichst perfekt sein
„Schreibe das beste Buch, das dir möglich ist!“ Das empfehle ich meinen Kunden immer. Und das ist auch richtig, denn dein Sachbuch oder dein Ratgeber soll qualitativ von Anfang bis Ende überzeugen. Zu wichtig ist dieses Marketinginstrument, als dass man es mit schlechten Inhalten füllen sollte. Immerhin willst du damit neue Kundinnen und Kunden überzeugen, daher sollte dein Expertenbuch den bestmöglichen Eindruck hinterlassen.
Das Streben nach Perfektion ist bei einem Expertenbuch also nicht grundsätzlich schlecht. Aber es kann dein Projekt stark aufhalten: Behalte es also unter Kontrolle. Setze es gezielt dort ein, wo es dir nutzt. Und schiebe es da beiseite, wo es dir schadet.
Folgen eines übertriebenen Perfektionismus
Perfektionismus ist eine Eigenschaft wie andere auch. So wie andere Autoren und Autorinnen vielleicht eine gewisse Disziplinlosigkeit oder eine mangelnde Kritikfähigkeit bekämpfen müssen, müssen Perfektionisten lernen, mit unperfekten Ergebnissen umzugehen. Das ist schwierig, weil Perfektionismus oft positiv besetzt und gesellschaftlich anerkannt ist. Dabei sind die negativen Folgen gravierend:
- Perfektionismus ist ein übler Zeitfresser: Wenn du dich darauf konzentrierst, jedes noch so kleine Detail perfekt zu gestalten, verlierst du viel Zeit. Das kann zu deutlich mehr Stress nicht nur im Buchprojekt, sondern in deinem ganzen Leben führen.
- Unter Umständen verzögert das Perfektionieren deines Buchs das Erscheinen so sehr, dass darüber der Inhalt veraltet. Dann hast du all die Arbeit vergeblich gemacht.
- Wer sich zu sehr von seinem Perfektionismus beherrschen lässt, riskiert, dass das Buch gar nicht erscheint. Zu groß ist dann die Angst, dass sich doch irgendwo ein Lapsus versteckt. Fehler lassen sich aber nicht vermeiden.
- Schlimmstenfalls führt dein Perfektionismus zu einer Schreibhemmung oder gar einer Schreibblockade. Dann geht es mit deinem Text gar nicht mehr voran.
Wesentliches von Unwesentlichem trennen
Wichtig ist, dass du dich nicht an Kleinigkeiten aufreibst. Bestimmt kennst du das Pareto-Prinzip, auch 80-20-Regel genannt. Demnach werden 80 Prozent des Ergebnisses mit 20 Prozent des Aufwands erzielt. Die restlichen 80 Prozent des Aufwands werden darauf verwendet, die übrigen 20 Prozent des Ergebnisses zu erreichen. Im zusätzlichen Aufwand steckt einerseits viel Potenzial für mehr Effizienz im Projekt, andererseits findet hier dein Perfektionismus eine perfekte (haha!) Spielwiese.
Das Pareto-Prinzip bedeutet übrigens nicht, dass du nach 20 Prozent Aufwand mit deinem Projekt einfach aufhören solltest, dich also mit einem 80-prozentigem Ergebnis zufriedengeben solltest. Aber es macht klar, dass es verdammt schwer, aufwendig und teilweise unmöglich ist, ein 100-prozentiges Ergebnis zu erzielen. Du kannst unendlich viel Aufwand betreiben, um das letzte, winzige Detail in deinem Expertenbuch zu optimieren. Allerdings besteht die große Gefahr, sich in diesen Details zu verzetteln und viel Zeit zu verlieren.
Überlege also bei jedem Schritt, wie perfekt das Ergebnis tatsächlich sein muss und was „perfekt“ jeweils eigentlich bedeutet. Und dann entscheide dich für einen gangbaren Weg.
Perfektionismus beim Schreiben?
In der Schreibphase schlägt der Perfektionismus oft besonders bitter zu. Wer zum ersten Mal versucht, seine Gedanken zu Papier zu bringen, ist oft vom Ergebnis entsetzt. Alles hört sich unbeholfen an, nichts wirkt so, wie es geplant war. Die Unzufriedenheit mit dem eigenen Text kann den Schreibfluss immens hemmen. Dabei ist dieses Gefühl völlig unnötig.
Ein Rohtext darf roh sein
So komisch es sich anhört, aber in der Schreibphase geht es zunächst einmal eher um Masse statt Klasse. Wie gut sich die Sätze lesen lassen, wie korrekt die Rechtschreibung ist, wie schlüssig deine Argumentation ist — all das sind Fragen, die beim ersten Entwurf noch eine stark untergeordnete Rolle spielen.
Vor allem, wenn du vom Schreibtyp her ein Drauflos-Schreiber, ein sogenannter Strukturschaffender, bist, geht es am Beginn des Schreibprozesses erst einmal darum, all deine Gedanken, Ideen und vorhandenen Inhalte aufs Papier bzw. in den Computer zu bekommen. Arbeitest du lieber eine Gliederung ab, bist du also vom Schreibtyp ein Strukturfolgender, solltest du möglichst früh versuchen, zu allen Gliederungspunkten tatsächlich Inhalte aufs Papier zu bringen, um Rohmaterial zu schaffen. Sortieren, ergänzen, glätten kannst du deinen Text später immer noch.
Wirf also deine Skrupel über Bord und schreib los!
Inhalt? Sollte zielgruppengerecht sein!
„Masse“ bedeutet aber nicht, dass du alles, was du zu deinem Thema weißt, auch aufschreiben solltest. Nicht jedes Buch muss ein umfassendes Kompendium zu deinem Fachgebiet werden. Deine Aufgabe ist vielmehr, den Inhalt so auszuwählen und zu präsentieren, dass er deiner Zielgruppe den größtmöglichen Nutzen bietet. Perfektionismus bedeutet hier also ausdrücklich nicht, dein allumfassendes Wissen zu präsentieren. Sondern es geht darum, sorgsam auszuwählen, was für deine Wunschleser und Wunschleserinnen wirklich relevant ist. Darum, diese Inhalte verständlich und zielgruppengerecht aufzubereiten. Investiere also lieber Zeit, um deine Zielgruppe besser kennenzulernen.
Das hat vor allem Auswirkungen auf die Recherche. Wenn du hier keinen klaren inhaltlichen Leitlinien folgst, besteht die große Gefahr, dass du dich in ihr verlierst. Geh systematisch vor und begrenze von vornherein den Aufwand, den du für die Recherche betreiben willst. Notiere dir während des Schreibens in deinem Arbeitsjournal offene Fragen. Überlege dir aber auch gleich, welche konkrete Information dir noch fehlt, um den Text abschließen zu können.
Perfektionismus in der Überarbeitungsphase
In der Überarbeitungsphase geht es darum, aus dem Rohtext das Manuskript herauszuschälen.
Inhalt optimieren
Irgendwann ist die Rohfassung deines Texts fertig. Du hast alles aufgeschrieben, was du grundsätzlich sagen willst. Als Nächstes solltest du Lücken füllen. Nimm dir deine Notizen und arbeite sie durch: Fehlen dir noch statistische Angaben? Musst du noch ein Zitat verifizieren? Brauchst du noch mehr Fakten, um ein Argument zu untermauern? Geh systematisch durch all deine Notizen durch und beantworte solche Fragen Schritt für Schritt. Wenn es um Fakten geht, schadet Perfektionismus nicht — deine Aussagen sollten alle wahr und nachvollziehbar sein!
Wenn du alle Inhalte optimiert hast, wirf einen Blick auf die Struktur deines Texts. Eine gute Leserführung ist entscheidend für den Erfolg deines Buchs. Wie gut können dein Wunschleser und deine Wunschleserin deinen Gedankengängen folgen? Wie stringent führst du sie durch dein Buch? Wie gut bauen die Inhalte aufeinander auf?
Profis einbinden
Perfektionisten fällt es oft schwer, Aufgaben zu delegieren. Allerdings ist es für die allermeisten Menschen unmöglich, das eigene Manuskript zu optimieren. Zu eng ist der Blick auf den eigenen Text, zu groß die Gefahr, dass sich Schreiben und Überarbeiten vermischen.
Für ein möglichst perfektes Ergebnis solltest du dein Manuskript daher vor der Veröffentlichung von einem Profi kontrollieren lassen. Wenn du über einen Verlag veröffentlichst, sollte sich dein Vertragspartner um ein professionelles Lektorat und Korrektorat kümmern. Gehst du über das Selfpublishing, solltest du an dieser Stelle nicht sparen. Professionelle Lektoren und Lektorinnen helfen dir mit einem objektiven Blick, das Beste aus deinem Buch zu machen.
Vom Umgang mit Fehlern
Hier ein fehlendes Komma, da ein Buchstabendreher — Fehler im Buch sind für Perfektionisten besonders schlimm. Leider ist eine hundertprozentige Fehlerfreiheit nahezu unerreichbar. In jedem Bearbeitungsschritt (auch nach Abschluss des Korrektorats) können neue Fehler in den Text hineingeraten und sind dann nahezu unauffindbar. Die Frage ist also, welche Fehler und wie viele Fehler akzeptierbar sind. Ein Rechtschreibfehler im Titel auf dem Cover wird in der Regel zu einem Neudruck führen, ein fehlendes Komma auf Seite 23 eher nicht.
Mehr über Fehler und Fehlerquoten kannst du in diesem Text nachlesen: Ih, ein Fehler! Fehler und Fehlerquoten in einem Text
Natürlich solltest du versuchen, Fehler möglichst zu vermeiden. Das geht am besten, indem du systematisch vorgehst. Ein paar Tipps, wie du Fehler von vornherein vermeiden kannst, findest du in diesem Text: Fehler im Expertenbuch vermeiden – von Anfang an
Schreibe und veröffentliche dein Expertenbuch. Ich berate dich gern zu Konzeption und Planung, begleite dich durch den Schreibprozess und unterstütze dich bei der Veröffentlichung und Vermarktung. Schreibe mir eine Nachricht oder ruf mich an. Ich freue mich, von dir zu hören: +49 40 28800820.
Beste Grüße
Cordula Natusch – deine Expertenbuch-Expertin
Abb.: 5 second Studio-shutterstock
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