Endstation „Texterstrich“?

Texterstrich! Das sind die dunklen, schmuddeligen Ecken im Internet, an denen sich manche Freelancer für viel zu wenig Geld verkaufen. 1 bis 3 Cent pro Wort – mehr ist oft nicht drin, wenn Texter und Texterinnen auf Plattformen wie „machdudas.de“, „upwork.com“ oder „texterjobbörse.de“ ihre Haut zu Markte tragen. Ein Schnäppchen, wenn man ein Buch herausbringen will. Oder nicht? Tatsächlich ist ein solcher Texterstrich eine Sackgasse – für den Texter oder die Texterin, aber auch für alle, die ein Expertenbuch veröffentlichen wollen.

Dies ist mein Beitrag zur Blogparade, den die Agentur Content Cure ins Leben gerufen hat, um auf ein wichtiges Thema aufmerksam zu machen: auf die faire Bezahlung von Menschen, die das Internet und viele andere Medien mit Inhalten am Laufen halten.

Ein fertiges Manuskript für unter 1.500 Euro?

Die Dumpingpreise betreffen nicht nur Internetcontent, sondern alle Textformen, auch Bücher. Wer will, kann sich sein Buch für absurd wenig Geld zusammenschreiben lassen.

Was kostet ein Buch bei diesen Wortpreisen?

Rechnen wir doch einmal kurz nach, was Wortpreise von 1 oder 3 Cent bedeuten. Angenommen, das Buch, um das es geht, umfasst 50 000 Wörter. Dabei kommt dann je nach Kapitelaufteilung, Satzgestaltung, Anzahl der Abbildungen und Grafiken etc. irgendwas um die 200 bis 240 Buchseiten heraus. Bei einem Niedrigsthonorar von 2,9 Cent, wie ich ihn im Internet gefunden habe, kosten 50 000 Wörter 1.450 Euro.

Typische Anzeige auf dem Texterstrich

Hört sich an wie ein echtes Schnäppchen? Think twice!

Was verdienen professionelle Texter und Texterinnen?

Laut Freelancer Kompass 2020 lag der durchschnittliche Stundensatz der Freiberufler und Freiberuflerinnen in der Grafik-, Content- und Medienbranche bei 69 Euro (und damit am unteren Ende der Gehaltsskala in der Freiberufler-Branche). Für einen Umsatz von 1.450 Euro muss man bei diesem Stundensatz ziemlich genau 21 Stunden arbeiten. Und dabei ist noch nicht einmal berücksichtigt, dass der Zuhälter, also die Texterbörse, die Aufträge für solche Minihonorare vermittelt, ja eventuell auch noch eine Provision einbehält.

Wie viel wirklich ausführlich recherchierter, gut geschriebener und perfekt aufbereiteter Inhalt lässt sich in 21 Stunden erstellen? Nicht viel! Auch wenn im Internet immer wieder anderslautende Werbung zu finden ist: Einen sinnvollen Ratgeber, ein unterhaltsames und informatives Sachbuch zu schreiben, ist Arbeit, braucht Expertise und dauert länger als eine oder zwei Wochen. Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Texter oder die Texterin mit einem deutlich niedrigeren Stundensatz kalkuliert (wobei aus wirtschaftlicher Sicht 50 Euro das Minimum sein sollten), ändert sich am grundsätzlichen Problem nichts: Es steht einfach nicht genügend Zeit zur Verfügung, um ein Buch zu verfassen, das dein Business wirklich voranbringt.

Ich werde jetzt nicht alles aufzählen, was in die Kalkulation eines Stundensatzes einfließen muss. Da du ja selbst auch selbstständig arbeitest, weißt du das. Letztlich müssen alle Ausgaben – sowohl die geschäftlichen als auch die privaten – durch den Stundensatz gedeckt sein. Damit ist klar, dass jemand, der professionell schreibt, für Wortpreise von 1 bis 3 Cent nicht arbeiten kann, will er nicht den wirtschaftlichen Ruin riskieren.

„Schreiben kann doch jeder!?“

Bleiben diejenigen, die das Schreiben für sich als bezahltes Hobby entdeckt haben. Schreiben, so eine weit verbreitete (und falsche) Meinung, kann doch schließlich jeder und jede, oder? Immerhin haben wir alle in der Schule Aufsätze verfasst, manche haben sogar Deutsch als Leistungskurs belegt. Das muss als Qualifikation reichen, um Texte für Websites und ganze Bücher zu verfassen. Ist doch super: Am Abend setzt man sich hin und recherchiert ein paar Webseiten zum gewünschten Thema. In Word wird all das gesammelte Nichtwissen dann schnell in einem Dokument zusammengeklatscht und als „Buch“ tituliert an den Auftraggeber oder die Auftraggeberin geschickt. Und dafür bekommt man auch noch Geld. Dass man vom Thema keine Ahnung hat, dass weder Leserführung noch Struktur im Text erkennbar sind, dass die Formulierungen bestenfalls unbeholfen sind – geschenkt. Was bei einem solchen Vorgehen herauskommt, sind sogenannte Fakebücher, weitgehend inhaltsleere Texte, die mittlerweile den Markt fluten und mit denen man sich als Experte oder Expertin prima den Ruf ruinieren kann. Solche Bücher schaden mehr, als dass sie nützen.

Warum gute Texte mehr als 1 bis 3 Cent pro Wort kosten

Ein wirklich guter Text ist mehr als eine Anreihung von Wörtern aus einem bestimmten Kontext. Tatsächlich muss ein Texter oder eine Texterin erst einmal viel Zeit und Gehirnschmalz investieren, bis der Text tatsächlich passt. Dazu gehören unter anderem:

  • ein präzises Briefing am Beginn der Zusammenarbeit,
  • beim Ghostwriting eines Buchs mehrere Stunden Interview, um Aussagen und Inhalt zu erfassen,
  • Recherchen und Nachfragen,
  • das Erstellen des Texts,
  • mehrere Abstimmungsrunden mit dem Kunden und der Kundin, um Intention und Tonfall zu treffen,
  • Korrekturrunden, um die Wünsche der Auftraggeber einzuarbeiten,

außerdem noch Leistungen, die im Hintergrund die Textqualität im Ganzen hochhalten: Fort- und Weiterbildungen, um das Sprachgefühl zu schärfen und inhaltlich auf dem Laufenden zu bleiben, der Kauf von Fachlektüre, die Mitgliedschaft in professionellen Verbänden und das Engagement in Netzwerken, um sich mit anderen Profis über Zweifelsfälle auszutauschen, Investitionen in aktuelle Technik und vieles mehr. Der Lohn für all den Aufwand? Als Kunde oder Kundin erhältst du ein Buch, das exakt zu dir und zu deinem Geschäft passt, das deine Expertise herausstellt und mit dem du dich am Markt positionierst. Der Lohn für den Texter oder die Texterin: ein angemessenes Honorar, das dem Aufwand, der Erfahrung und der Sorgfalt gerecht wird!

7 Tipps für alle, die im Textbereich noch ganz am Anfang stehen

Wer noch ganz am Anfang steht und in der Texterbranche Fuß fassen will, ist vielleicht doch versucht, mal einen Auftrag am Texterstrich anzunehmen. Das ist aber meiner Meinung nach eine Sackgasse:

  • Aufträge, die viel zu schlecht bezahlt werden, blockieren viel Zeit im Kalender. Diese Zeit solltest du besser in Akquise, Marketing, Fortbildungen oder Netzwerkarbeit investieren, um Aufträge zu erhalten, die vernünftig bezahlt werden. Zumal bei Niedrigsthonoraren am Ende des Monats trotz all der Arbeit dennoch zu wenig Geld auf dem Konto ist.
  • Honorarerhöhung ade! Wer bei einem Auftraggeber oder einer Auftraggeberin einmal zu einem Wortpreis von 1 bis 3 Cent gearbeitet hat, wird von diesem Billigstpreis nicht oder nur sehr schwer wieder wegkommen.
  • Der Texterstrich ruiniert die Preise langfristig für die gesamte Branche. Auch wenn etablierte Texter und Texterinnen die Billigstpreise souverän kontern können, wird der Einstieg für Neulinge am Markt damit immer schwieriger.
  • Dumpingpreise zerstören das gegenseitige Vertrauen. Wer zu Billigstpreisen einen Auftrag vergibt, weiß im Grunde, dass er zu wenig bezahlt, um wirklich ein qualitativ hochwertiges Ergebnis zu bekommen. Und wer einen solchen Auftrag annimmt, spürt, dass sein Gegenüber ihm nicht auf Augenhöhe begegnet. Das sind schlechte Voraussetzungen für eine vertrauensvolle, produktive und gelingende Zusammenarbeit.

Mit Dumpingpreisen und Minihonoraren kämpfen nicht nur Menschen, die Texte erstellen, sondern auch jene, die sie überarbeiten, also lektorieren und korrigieren. Meine Tipps für alle, die noch ganz am Anfang stehen, richten sich daher nicht nur an Texter und Texterinnen, sondern auch an Lektoren und Lektorinnen, die gerade in die Selbstständigkeit durchstarten.

  1. Werde sichtbar

    Sorge dafür, dass potenzielle Auftraggeber und Auftraggeberinnen dich finden können. Website, Blog, Social-Media-Profile: Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, dich sichtbar zu machen. Poste wertvolle Inhalte zu deinem Thema, beteilige dich an Diskussionen, pflege deine Community in den Social Media. Zugegeben, Sichtbarkeit zu schaffen, ist eher ein Marathon als ein Sprint. Aber es lohnt sich, hier am Ball zu bleiben. Mit der Zeit wirst du feststellen, dass die Aufträge dich finden, du sie nicht mehr aufwendig suchen muss und dass du ganz allmählich deine Stundensätze erhöhen kannst.

  2. Suche dir eine lukrative Nische und werde unverwechselbar

    Wenn dein Angebot völlig austauschbar ist und sich in nichts von dem deiner Konkurrenz unterscheidet, hast du nur eine Möglichkeit, Kunden zu gewinnen, nämlich, indem du billiger bist als andere. Besser ist es, wenn dein Angebot in einer lukrativen Nische angesiedelt ist und du daraus ein unverwechselbares Profil entwickelst. Für welches Thema, welches Genre und welche Aufbereitung stehst du am Markt? Was macht dich und deine Arbeit einmalig, also: Was ist dein USP? Woran sollen sich andere sofort erinnern, wenn sie über dich und dein Angebot nachdenken? Welchen Kunden und Kundinnen sollen sie dich weiterempfehlen? Je klarer dein Profil ist, je besser du spezialisiert bist, je größer deine Expertise ist, desto eher kannst du dich von den Billigangeboten auf dem Texterstrich abheben.

  3. Bau dir ein tragfähiges Netzwerk auf

    Ein gutes Netzwerk hat unendlich viele Vorteile. Hier kannst du Fragen stellen, dich über Probleme austauschen und bei Bedarf über die Ungerechtigkeit der Welt jammern. In einem guten Netzwerk findest du Menschen, die dich aufbauen und dir vielleicht auch mal den einen oder anderen Auftrag zuschieben, den sie selbst nicht bearbeiten können. Vor allem aber merkst du, dass du nicht allein bist. Ein gutes Netzwerk bietet dir alle Vorteile eines Großraumbüros, ohne dass du die Nachteile hinnehmen musst.

  4. Pflege langfristige Kundenbeziehungen

    Je länger eine Kundenbeziehung läuft, desto einfacher und damit lukrativer wird die Zusammenarbeit in der Regel. Gut organisierte, vernünftig bezahlte und immer wiederkehrende Projekte sind im wahrsten Sinne des Wortes Gold wert, denn sie sorgen für einen regelmäßigen Geldeingang auf deinem Konto. Bei diesen Aufträgen ersparst du dir die aufwendige Akquise. Viele Absprachen gehen dir in Fleisch und Blut über, sodass du routinierter und effizienter arbeiten kannst. Das gibt dir in anderen Bereichen viel Freiheit, auch mal etwas auszuprobieren. Hege und pflege also Kunden und Kundinnen, die immer wiederkommen und mit denen du gut zusammenarbeitest. Sie sind die beste Absicherung gegen den Texterstrich, die du dir wünschen kannst.

  5. Kalkuliere sauber

    Wie viel musst du pro Stunde mindestens verdienen, um all deine Kosten zu decken und einen Gewinn zu erwirtschaften? Wie lange wirst du für das anstehende Projekt benötigen? Und wie hoch muss das Honorar sein, damit du deinen Stundensatz tatsächlich erzielst? Wenn das Honorar darunter liegt, sag ab.

  6. Setz auf eine gesunde Mischkalkulation

    Mischkalkulation bedeutet, dass gut oder sehr gut bezahlte Aufträge jene Projekte mitfinanzieren, die weniger gut honoriert werden. Dazu gehört, dass du auch sogenannte Brot-und-Butter-Aufträge annimmst. Das ist Aufträge, bei deren Bearbeitung du vielleicht nicht unbedingt in Jubelstürme ausbrichst, die dir aber das Geld einbringen, das du zum Leben benötigst. Brot-und-Butter-Aufträge sind sozusagen die Basis deines Geschäfts. Sie ermöglichen es dir, auch mal schlechter bezahlte Aufträge anzunehmen, die dir dafür aber viel mehr Spaß machen und die das Sahnehäubchen auf deine Selbstständigkeit setzen.
    Es versteht sich, dass Brot-und-Butter-Aufträge mit der gleichen Sorgfalt bearbeitet werden müssen wie Lieblingsprojekte.

  7. Schaffe dir Rücklagen

    Die Gefahr, auf dem Texterstrich zu landen, ist immer dann besonders hoch, wenn gerade Ebbe auf dem Konto ist. Sorge also dafür, dass du ein paar Rücklagen hast, um Durststrecken überbrücken zu können. Übrigens gibt es viele Kollegen und Kolleginnen, die halbtags irgendwo festangestellt sind. Auch das ist eine Alternative, um nicht aus finanzieller Not heraus die eigene Leistung für „’nen Appel und ’nen Ei“ verschenken zu müssen.

Schreibe und veröffentliche dein Expertenbuch. Ich berate dich gern zu Konzeption und Planung, begleite dich durch den Schreibprozess und unterstütze dich bei der Veröffentlichung und Vermarktung. Schreibe mir eine Nachricht oder ruf mich an. Ich freue mich, von dir zu hören: +49 40 28800820.

Beste Grüße
Cordula Natusch – deine Expertenbuch-Expertin

Abb.: CHUYKO SERGEY-shutterstock

2 Kommentare
  1. Barbara Kettl-Römer
    Barbara Kettl-Römer sagte:

    Die Cent-Wortpreise sind wirklich schockierend. Es ist auch wenig überraschend, dass bei dieser Bezahlung nur irgendein Laber-Content herauskommt, der dann das Internet vermüllt oder einfach schlechte Bücher füllt. Gute Texte brauchen Können, Expertise und Zeit. Deswegen kosten sie auch gutes Geld.

    Antworten
    • CordulaNatusch
      CordulaNatusch sagte:

      Richtig. Und die Bücher, die bei solchen Aufträgen herauskommen, bringen nur eines: schlechte Reptuation. Aber gut, wer nicht bereit ist, in Qualität zu investieren, hat sich die dann ja auch redlich verdient!

      Antworten

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