Fakebücher – die neue Pest am Buchmarkt

Derzeit lässt sich das Phänomen der Fakebücher besonders gut beobachten: Schnell zusammenkopierte Texte aus dem Internet, banale Kalenderweisheiten und gefährliches Halbwissen – möglichst reißerisch aufgemacht – das sind typische Merkmale dieser neuen Pest am Buchmarkt. In Zeiten des Coronavirus kommen gerade viele solcher Titel auf dem Markt. Ihr Ziel: Aus der Verunsicherung der Menschen möglichst viel Profit schlagen.

Was sind Fakebücher?

Das Amazon-Versprechen, in kurzer Zeit und mit wenig Aufwand ein Buch veröffentlichen zu können, hat für einen echten Schub bei Selfpublishingtiteln gesorgt. Und es hat viele Scharlatane angelockt, die das schnelle Geld wittern. Wie Aasgeier stürzen sich manche Autorinnen und Autoren auf Trendthemen, hauen in kürzester Zeit Publikationen raus und versuchen, ohne viel Mühe und Arbeit den Leuten das Geld aus den Taschen zu ziehen.

Fakebücher bestehen in erster Linie aus schnell zusammenkopiertem, unredigiertem, ungeprüftem Inhalt. Oft werden Texte von fremdsprachigen Websites geklaut, in den Google-Translator geworfen und das Ergebnis in das Manuskript geschoben. Eine saubere Recherche? Gründliches Hinterfragen der Inhalte? Oder auch nur eine sprachliche Überarbeitung der Texte? Ach was, das kostet nur Mühe.

Stattdessen wird eher versucht, mit einem reißerischen Cover und einer verschwörerisch-raunenden Buchbeschreibung die Verunsicherung der Menschen noch zu steigern. Gib einmal bei Amazon den Begriff “Coronavirus” ein und begrenze die Suche auf Bücher. Vor allem die englischsprachigen Titel zeigen eine erschreckende Skrupellosigkeit im Umgang mit einem solch wichtigen Thema. Es gibt aber auch zahlreiche deutschsprachige Bücher mit sehr zweifelhaftem Inhalt.

Denn neben harmlosen Tagebüchern und Notizheften für die Corona-Zeit gibt es auch Bücher, in denen gefährliches Halbwissen verbreitet wird. Oder schlimmer noch, in denen Verschwörungstheorien geteilt werden. Da geht es dann beispielsweise darum, angebliche Selbsttests auf das Virus zu erklären. Oder darum, wie man mit Naturheilkunde einer Covid-19-Erkrankung vorbeugen kann.

Ja, ne, is klar. Weltweit verzweifeln Mediziner und Gesundheitspolitikerinnen am Virus, seiner rasanten Ausbreitung und den dramatischen Folgen, und dann kommen Autoren oder Autorinnen daher und versprechen einfache Lösungen in Buchform. In allen Laboren wird fieberhaft an dem Virus geforscht, werden täglich neue Erkenntnisse über Infektion und Verlauf veröffentlicht, werden mit Hochdruck Impfungen und Heilmitteln entwickelt – dabei ließe sich doch angeblich so superduper mit ein paar heilkundlichen Verfahren vorbeugen … Solche Bücher sind nicht mehr nur lästig und überflüssig. Sie sind gefährlich. Sie gefährden Menschenleben!

Mittlerweile ist eine ganze Maschinerie rund um Fakebücher entstanden. Bei Texterbörsen finden Dienstleister, die für Niedrigsthonorare von 1 bis 3 Cent pro Wort Texte zusammenklatschen und das dann Buch nennen, und Menschen, die diesen Unfug dann vermarkten, zusammen, und produzieren gemeinsam diese Machwerke, die den Buchmarkt verstopfen.

Finger weg von Fakebüchern

Dass du als Experte oder Expertin selbst keine Fakebücher veröffentlichst, versteht sich (hoffentlich) von allein. Dabei muss es sich nicht einmal um ein so dramatisches Thema wie die Corona-Pandemie handeln. Wann immer ein neuer Trend irgendwo aufploppt, winkt die Versuchung, ein schnelles Buch dazu zu schreiben. Wenn du wirklich etwas dazu zu sagen hast: Prima, dann tu das. Wenn du aber nichts Sinnvolles zum Thema beitragen kannst, widerstehe der Versuchung. Fakebücher sind ein toller Weg, um deine Reputation nachhaltig zu zerstören, viel Erfolg dabei. Bitte suche dir im Fall, dass du doch ein Fakebuch schreiben willst, einen anderen Dienstleister oder eine andere Dienstleisterin – für solchen Unsinn stehe ich nämlich nicht zur Verfügung.

Aber auch als Käufer oder Käuferin sollte man einen weiten Bogen um diese Bücher machen. Selbst wenn diese “Bücher” in der Regel nur ein paar Euro kosten, bestätigt jeder Kauf doch die Leute hinter diesen Machwerken in ihrem Tun, spült Geld in ihre Kasse und ermutigt sie so, den nächsten schlechten Titel rauszuhauen. Auch über Kindle unlimited solltest du solche Bücher nicht lesen. Hier erfolgt die Abrechnung nach gelesenen Seiten, die Autoren und Autorinnen profitieren also von deiner Lektüre, selbst wenn du nichts bezahlst. Du finanzierst also auf Umwegen deren unseriöse Geschäftemacherei.

Übrigens verstoßen Fakebücher sogar gegen den Amazon-eigenen „Leitfaden zur Qualitätssicherung für Kindle-Inhalte“. Darin heißt es im Abschnitt „Enttäuschende Inhalte“: „Wir lassen keine Inhalte zu, die unsere Kunden enttäuschen oder zu einem negativen Einkaufserlebnis führen. Hierzu zählen unter anderem: […]

  • Zu kurze Inhalte
  • Schlecht übersetzte Inhalte
  • Inhalte, die keinen Genuss beim Lesen bereiten
  • […]“

Tja, hier scheitert der Onlineriese wohl an seinem eigenen Anspruch.

Wie erkennst du Fakebücher?

Dass ein aktuelles Thema aufgegriffen und möglichst reißerisch aufbereitet wird, ist nur ein Kennzeichen von Fakebüchern.

  • Keine Vorschau: In der Regel wird bei Fakebüchern keine Vorschau auf den eigentlichen Text angeboten, oft noch nicht einmal auf das Inhaltsverzeichnis. Klar, sonst könnte man sich ja schnell einen Eindruck vom schwachen Inhalt verschaffen und vom Kauf absehen. Und wenn doch einmal eine Vorschau vorhanden ist, zeigt sich schnell, dass im Buch bis auf unreflektiertes Halbwissen nichts enthalten ist.
  • Keine themenrelevante Expertise beim Autor, bei der Autorin: Ein Klick auf den Autorennamen offenbart dann oft, wer sich hinter dem Buch verbirgt. Nicht etwa ausgewiesene Experten und Expertinnen, sondern – im Falle der Corona-Bücher – beispielsweise Naturheilpraktikerinnen und Bademeister oder Menschen, die sich selbst als Survivalspezialisten bezeichnen. Ein Warnsignal ist es übrigens immer, wenn ein Autor oder eine Autorin mehrere Dutzend Bücher zu den unterschiedlichsten Themen veröffentlicht hat.
    Tipp: Googel den Namen des Autors oder der Autorin. Wenn du dann nicht recht bald auf (seriöse) Websites stößt, die die Expertise des Verfassers oder der Verfasserin glaubhaft belegen, ist es besser, das Buch liegenzulassen.
  • Schlechte Rechtschreibung, Grammatik, simple Sprache etc.: Klar, für Überarbeitungen bleibt bei solchen Fakebüchern keine Zeit. Und außerdem kosten die womöglich Geld und schmälern den Ertrag. Das sprachliche Niveau lässt sich auch gut an den Buchbeschreibungen erkennen (da ja keine Vorschau geboten wird). Hier ein Zitat aus einer Buchbeschreibung: “Beim Einkaufen sind die Menschen sehr angespannt, es sind viele Menschen auf einmal in den Supermärkten und kaufen die Regale leer. Egal wo man sich auf der Welt befindet, es dreht sich alles nur um das Thema „CORONAVIRUS“ und Hamsterkäufe.” Wenn das sprachlich so weitergeht, dann gute Nacht!
  • Geringer Umfang: Viel Zeit bleibt nicht, wenn man zu einem Trendthema ein Buch veröffentlichen will. Viel Wissen hat man auch nicht. Aber was soll’s, E-Books lassen sich ja auch mit nur sehr wenigen Seiten veröffentlichen. 20 Seiten Gesamtumfang, davon eine Seite Inhaltsverzeichnis, zwei Seiten Vorwort, drei Seiten Literaturliste, ein Nachwort … Viel Inhalt ist also nicht zu erwarten.

Und wenn du doch einmal auf den Trick hereingefallen bist und ein Fakebuch gekauft hast? Dann versuche, den Artikel zurückzugeben und dir den Betrag erstatten zu lassen. So kannst du verhindern, dass sich die unseriösen Autorinnen und Autoren bereichern. Und schreibe unbedingt eine gepfefferte Rezension, schildere den schwachen Inhalt und warne andere Leserinnen und Leser. Wenn erst einmal genügend 1-Sterne-Bewertungen und negative Stimmen vorhanden sind, verschwindet vielleicht wenigstens dieser eine Titel aus dem Angebot.

Abb.: Pixelvario-Shutterstock

5 Kommentare
  1. Petra A. Bauer
    Petra A. Bauer sagte:

    Liebe Cordula,

    dieses Thema hat mich gerade gestern erst wieder massiv auf die Palme gebracht, als ich eine (fruchtlose) Diskussion mit einer FB-Gruppen-Teilnehmerin (in der Gruppe geht es eigentlich um No- und Low-Content-Bücher) hatte, die ernsthaft der Meinung war, einem Ghostwriter zwischen acht und 15 Cent pro Wort zu zahlen, sei eine angemessene Entlohnung uns keine Ausbeutung. Ich weise dann immer darauf hin, dass echte Experten Ahnung von Thema haben und selbst wenn sie nicht schreiben können, dann doch dem seriösen Ghostwriter, der üblicherweise mehrere Tausend Euro erhält, eine anständige Faktengrundlage liefern muss und nicht zusammengeklauten Quatsch.
    Mich hat es nämlich mal wieder stutzig gemacht, dass ein Gruppenteilnehmer unbedingt Infos darüber haben wollte, ob er, wenn er ein Pseudonym nutzt, irgendwo doch noch seinen richtigen Namen angeben muss. Das ist nämlich ein weiterer Punkt: Fakebuch-Anbieter haben nicht nur ein Buch am Start sondern z. T. Hunderte, die sie unter x verschiedenen Pseudonymen anbieten. Das sind keine Herzensprojekte sondern es ist ein knallhartes Geschäftsmodell (das im übrigen interessanterweise vorwiegend von Männern ausgeübt wird). Sie betreiben Nischenrecherche und für die Nischen, die das meiste Geld versprechen, wird dann irgendein Text verbrochen, bzw. es werden „Ghostwriter“ angeheuert (ja, genau, Mehrzahl), die dann für die o.g. unterirdischen Preise (bzw. noch viel weniger) irgendwas zusammenstoppeln, um dem Anbieter den unseriösen Gewinn zu sichern. Die Krönung: „Rezensions“-Gruppen. Da treffen sich die Fakebuch-Anbieter und „rezensieren“ ihren Schund gegenseitig en masse mit Fünf-Sterne-Bewertungen. Das macht es für den Verbraucher noch viel schwieriger, Mist von Qualität zu unterscheiden.
    Das Thema bringt mich extrem auf die Palme! Danke, dass du es aufgegriffen hast.
    Liebe Grüße
    Petra

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    • CordulaNatusch
      CordulaNatusch sagte:

      Ja, da ist eine ganze Maschinerei entstanden. Die Fake-Rezensionen gehören auch dazu – ich glaube, dazu mache ich auch mal einen Text. Ich warte eigentlich auf den Tag, an dem Amazon dazwischengeht und die Accounts sperrt, denn letztlich schadet sich der Online-Riese so selbst. Irgendwann werden die Leser und Leserinnen da keine Bücher mehr kaufen, weil es nur Schrott gibt. Ein Grund mehr, warum seriöse Autoren und Autorinnen unbedingt einen eigenen Zugang zu ihrem Publikum brauchen, einen eigenen E-Mail-Newsletter etc.

      Und zu den Wortpreisen: Darüber diskutiere ich gar nicht mehr. If you pay peanuts, you’ll get monkeys …

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      • Petra A. Bauer
        Petra A. Bauer sagte:

        Ich gehe davon aus, dass Amazon irgendwann reagieren wird. Es gibt mehrere Bereich, die mit Schrott überflutet werden , z.T. skaliert, sodass potenzielle Käufer sich erst seitenweise durch gleiche Produkte wühlen müssen, bei denen nur der Name geändert wurde oder ein anderes Detail im Design auftaucht. Viele geben dann auf.
        Und ich war immer schon für eigene Plattformen :-)

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