Lektorat und Korrektorat – was ist der Unterschied?
Es gibt kaum zwei Begriffe im Verlagswesen, bei denen mehr Durcheinander herrscht als bei Lektorat und Korrektorat. Was ist eigentlich genau was?
Wer sein Manuskript druckreif machen will, kommt um zwei Bearbeitungsschritte nicht umhin: um das Lektorat und um das Korrektorat. Diese beiden Begriffe werden oft verwechselt und viele Menschen glauben, sie würden beide das Gleiche bezeichnen. Es gibt aber einige wesentliche Unterschiede.
Inhalt
Was passiert während des Lektorats mit deinem Text?
Lektoren und Lektorinnen sind die ersten professionellen Leser und Leserinnen deiner Texte. Selbst wenn deine Freunde, Freundinnen und Bekannte deinen Text zuvor schon einmal gelesen haben, ist der Blick eines echten Profis anders.
Der objektive Blick von außen
Lektoren und Lektorinnen sind objektiv. Sie geben dir ein ehrliches Feedback, ohne auf dabei auf Freundschaften oder Ähnliches Rücksicht nehmen zu müssen. Sie kennen den Buchmarkt, überblicken die Konkurrenz und können die Marktchancen deines Texts einschätzen. Dein Buchprojekt als Ganzes wird von einer Metaebene aus kritisch betrachtet.
Zudem arbeiten Lektorinnen und Lektoren professionell mit Sprache. Sie sind es gewohnt, den roten Faden in einem Buch herauszuarbeiten, leserfreundliche Formulierungen zu finden, deine Aussagen zu schärfen etc. Neben dem Metablick nehmen Lektorinnen und Lektoren also auch die innere Struktur unter die Lupe. Sie bearbeiten die Mikroebene deines Manuskripts: Sie stellen den einzelnen Absatz um, formulieren den konkreten Satz neu und suchen einen Ersatz für unpassende Wörter.
Im Mittelpunkt: der Leser und die Leserin
Diese erste Aufzählung zeigt schon, worum es im Lektorat vor allem geht: darum, aus dem vorhandenen Text das Beste herauszuholen. Und mit Blick auf die künftigen Leser und Leserinnen. Leserführung und Verständnis sind die beiden wichtigsten Ziele im Lektorat, ganz gleich, um welchen Text es sich handelt. Die Aufgaben eines Lektors und einer Lektorin bei einem Sachtext sind daher vor allem:
- Aufbau und Struktur kontrollieren und die Leserführung verbessern
- die Gliederung auf Logik, Konsistenz und Vollständigkeit überarbeiten und optimieren,
- logische und inhaltliche Lücken, Widersprüche und Sprünge im Text identifizieren und beheben,
- Redundanzen aus dem Text streichen,
- den Text sprachlich und stilistisch überarbeiten, glätten und straffen, Schachtelsätze „entschachteln“, schwurbelige Passagen „entschwurbeln“, Passivkonstruktionen ins Aktiv setzen, Bürokratendeutsch menschlicher machen etc.,
- schwer verständliche Textteile umformulieren und das Manuskript an das Sprachniveau der angestrebten Zielgruppe anpassen sowie
- Formales (Wording, Satzbau) kontrollieren und verbessern.
Je nach Auftrag übernehmen Lektoren und Lektorinnen auch Recherchearbeiten, schätzen die Marktfähigkeit von Manuskripten ein und schreiben Gutachten sowie Klappentexte.
Das Lektorat lebt von der Zusammenarbeit mit dir
Während eines Lektorats steht der Text also komplett in all seinen Komponenten auf dem Prüfstand – inhaltlich, sprachlich, stilistisch … Ein guter Lektor, eine gute Lektorin setzt sich sehr intensiv mit deinem Manuskript auseinander, vor allem aber mit dem, was du als Autor und Autorin sagen willst. Dieser Bearbeitungsschritt lebt daher von der Zusammenarbeit und der Kommunikation mit dir. Dein Lektor oder deine Lektorin stellt dir viele Fragen, kommentiert unklare Textstellen über Kommentare in Microsoft Word und markiert Widersprüche im Text. Mit solchen Anmerkungen musst du als Autor und Autorin dich dann auseinandersetzen, Antworten finden, Unklarheiten beseitigen und Widersprüche auflösen.
Damit ist auch klar, dass der Lektor und die Lektorin während des Lektorats nur Vorschläge unterbreiten. Du als Autor und Autorin kannst die Anmerkungen aufnehmen und damit arbeiten, du kannst sie aber auch ignorieren.
Übrigens: „Lektor“ und „Lektorin“ sind keine geschützten Begriffe. Professionelle Lektoren und Lektorinnen findest du in der Datenbank des Verbands der Freien Lektorinnen und Lektoren VFLL.
Worum geht es im Korrektorat?
Im Korrektorat ist die Aufgabe klar umrissen. Es geht um
- Rechtschreibung und Zeichensetzung,
- Grammatik und Syntax,
- einheitliche Schreibweisen,
- Typografie (Abstände, Einzüge, Anführungszeichen …),
- korrekte Formalia (Satz, Fußnoten, Verzeichnisse …) sowie
- einen fehlerfreien Umbruch (Silbentrennung, „Witwen“ und „Waisen“ bei Seitenumbrüchen).
An der Struktur des Textes im Ganzen ändert sich im Korrektorat nichts mehr. Auch baut ein Korrektor einzelne Sätze nur dann um, wenn sie objektiv falsch sind, tauscht die Korrektorin Wörter nur aus, wenn sie fehlerhaft verwendet werden. Und selbst dann werden die Dienstleister nicht von sich aus Änderungen vornehmen, sondern diese Stellen im Text markieren und kommentieren.
Und noch ein wichtiger Unterschied zwischen Lektorat und Korrektorat: Es gibt wesentlich weniger Gesprächsbedarf zwischen dir und dem Dienstleister/der Dienstleisterin. Während man darüber streiten kann, wie ein Text bestmöglich gegliedert sein sollte, ist die korrekte Rechtschreibung in nahezu allen Fällen eindeutig. Zur Not hilft ein Blick in den Rechtschreib-Duden.
Warum ist der Unterschied zwischen Lektorat und Korrektorat für dich wichtig?
Für dich als Autor und Autorin ist der Unterschied zwischen Lektorat und Korrektorat aus verschiedenen Gründen wichtig.
Welche Dienstleistung brauchst du?
Wenn du im Selfpublishing veröffentlichst und dir einen Dienstleister oder eine Dienstleisterin suchst, musst du wissen, was du eigentlich genau brauchst. Willst du, dass dein Text noch einmal im Ganzen auf den Prüfstand kommt? Oder hast du diesen Schritt schon hinter dich und willst dich jetzt um den Feinschliff kümmern?
Welche Dienstleistung buchst du?
Ein typischer Fall: Der Autor bucht ein Lektorat. Anschließend wundert er sich zum einen über die – in seinen Augen überflüssigen – Eingriffe in den Text und ärgert sich zum anderen über die Fehler, die noch stehen geblieben sind. Was er eigentlich haben wollte: ein Korrektorat.
Auch der umgekehrte Fall kommt natürlich vor: Es wird ein Korrektorat gebucht und im Anschluss herrscht Enttäuschung, weil der Text zwar weitgehend fehlerfrei, aber nach wie vor schlecht lesbar und unstrukturiert ist.
Überleg dir, welche Dienstleistung du konkret haben willst, und kommuniziere eindeutig. Das erspart allen Beteiligten viel Ärger und Enttäuschung.
Vergleich nicht Äpfel mit Birnen
Weil Lektorat und Korrektorat unterschiedliche Aufgaben haben, gelten für sie auch unterschiedliche Preise. Ein Lektorat ist wesentlich aufwendiger und erfordert viel mehr Kommunikation. Dein Text durchläuft mehrere Durchgänge, bis alle Fragen geklärt und alle Punkte optimiert sind. Im Vergleich dazu ist das Korrektorat ein viel mechanischerer Arbeitsschritt. Ein Lektorat ist damit auch deutlich teurer als ein Korrektorat. Wenn du Angebote einholst, achte beim Preisvergleich darauf, dass die Dienstleistungen identisch sind. Sonst vergleichst du schnell Äpfel mit Birnen.
Halte die richtige Reihenfolge bei Lektorat und Korrektorat ein
Ein Lektorat kommt immer vor einem Korrektorat. Warum? Weil sich dein Manuskript im Lektorat noch einmal deutlich verändern wird. Neue Textteile kommen hinzu, redundante werden gestrichen, Formulierungen ändern sich etc. Jedes Mal kann ein neuer Fehler in den Text hineingeraten. Und die bleiben oft genug stehen – nicht etwa, weil Lektoren und Lektorinnen keine Rechtschreibung könnten oder schlampig arbeiten würden. Ihr Fokus ist nur im Lektorat ein komplett anderer. Sie steigen so tief in den Text ein, dass sie Fehler einfach nicht mehr sehen.
Um all die Fehler zu erwischen, die im Lektorat übersehen wurden oder gar erst entstanden sind, ist ein Korrektorat – im Idealfall durch eine weitere Person – unverzichtbar. Aber erst nach dem Lektorat. Auch eine Umbruchkontrolle etc. kann erst erfolgen, wenn der Text schon gesetzt ist. Und das sollte in jedem Fall erst nach dem Lektorat erfolgen.
Abb.: amfroey01-AdobeStock
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