Amazon und die Corona-Krise: Wie reagieren?
Amazon hat kurz nach Ausbruch der Corona-Krise seine Strategie geändert: Bücher werden bei Verlagen nicht mehr oder nur sehr schleppend nachgeordert. Die Begründung: Die Lagerflächen würden für andere wichtige Produkte benötigt. Was bedeutet das für dich als Autor oder Autorin?
Bücher gehören für Amazon nicht zum täglichen Bedarf (anders als Duftkerzen übrigens, die immer noch bevorzugt ausgeliefert werden). Daher werden sie ausgelistet – vorübergehend, wie es heißt. Und das geschah ausgerechnet in dem Moment, in dem auch die örtlichen Buchhandlungen schließen müssen. Die Folgen sind auch für Autorinnen und Autoren gravierend.
Inhalt
Angeboten wird vorrangig das Kindle-E-Book
Wer bei Amazon dieser Tage ein Buch sucht, dem zeigen die Suchergebnissen vorrangig E-Books an. Angesichts der Begründung für den Strategiewechsel ist das auch sinnvoll: E-Books brauchen keine Lagerfläche. Der Autor und Literaturagent Thomas Montasser vermutet zudem, dass Amazon die Chance nutzen will, das E-Book endlich flächendeckend im deutschen Markt durchzudrücken.
E-Books sind für viele Autoren weniger attraktiv
Allerdings sind E-Books in der Regel auch preiswerter als Taschenbücher – als gebundene Bücher ohnehin. Der Preis ist aber die Ausgangsgröße für die Berechnung des Honorars, das du als Autor und Autorin erhältst. Zwar gibt es prozentual für E-Books in der Regel mehr als für Printausgaben. Aber es hängt von der individuellen Vertragsgestaltung und der Differenz der Preise ab, ob du am E-Book oder am Printbuch mehr verdienst. Hinzu kommt, dass in vielen Bereichen die Verkäufe der E-Books nach wie vor hinter denen der physischen Bücher hinterherhinken. Die Liebe zum gedruckten Buch ist bei vielen Lesern und Leserinnen ungebrochen. Vor allem Workbooks etc. bieten in gedruckter Form auch deutliche Vorteile. Die Fokussierung Amazons auf die elektronischen Ausgaben kann also zu finanziellen Einbußen führen.
Auch viele Autorinnen und Autoren wollen bei ihren Kunden und Kundinnen lieber mit einem „echten“ Buch im Regal stehen – der gewünschte Effekt, nämlich sich als Experte und Expertin zu positionieren, ist damit viel eher erreichbar. Nichtsdestotrotz ist es nun wichtiger denn je, auch mit einer E-Book-Version des eigenen Buchs am Markt vetreten zu sein.
Wer seine Bücher ohnehin nur bei Amazon und nur als E-Book verkauft, ist von den Änderungen nicht betroffen. Aber wer tut das schon, wenn darum geht, sich einen Expertenstatus aufzubauen?
Die Amazon-Strategie zu Corona-Zeiten gefährdet die Verlagslandschaft
Für Verlage hingegen bricht ein wichtiger Vertriebsweg weg, für viele Verlagshäuser ist das existenzbedrohend. Was viele nicht wissen: Amazon ist längst nicht mehr nur Anbieter der größten Selfpublishingplattform, sondern mit „Amazon Publishing“ und den Imprints „AmazonCrossing“, „Montlake Romance“, „Edition M“, „Tinte & Feder“, „Topicus“ und „47North“ bereits vor einiger Zeit aktiv in das Verlagsgeschäft eingestiegen. Der Internetgigant macht damit genau den Verlagen Konkurrenz, die jetzt ausgelistet werden. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt …
Und das ist auch für Autoren und Autorinnen durchaus relevant. Zum einen gewährleistet eine weit gefächerte Verlagslandschaft in Kombination mit dem Selfpublishing die Meinungsvielfalt, die in einer Demokratie unverzichtbar ist. Die Möglichkeit zu veröffentlichen darf nicht von einem einzelnen Anbieter abhängen. Zum anderen ist es naiv zu glauben, Amazon würde nicht mit Autoren und Autorinnen ähnlich ruppig umspringen, wenn Alternativen fehlen. Tatsächlich geschieht dies ja schon, wie die ständig sinkenden Ausschüttungen aus dem Kindle-unlimited-Fonds zeigen.
Andere Vertriebswege als Chance
Glücklicherweise hat die Buchbranche als Ganzes auf die Corona-Krise und die neue Amazon-Strategie reagiert. Der stationäre Buchhandel ordert nicht nur bei den Verlagen, sondern hatte auch Lösungen gefunden, um die Kunden und Kundinnen auch im Shutdown mit Lesestoff zu versorgen: Buchhändler hinterlegten die bestellten Bücher in benachbarten Apotheken oder Lebensmittelläden, die noch geöffnet hatten. Sie organisierten kontaktlose Übergaben der Ware oder lieferten die Lektüre blitzschnell nach Hause (wobei man sich gerade bei der letzten Maßnahme fragen kann, warum der Buchhandel dies nicht schon vor Jahren als Antwort auf den Amazon-Lieferservice eingeführt hat).
Für Autorinnen und Autoren bedeutet dies:
- Du bist wesentlicher Teil der Buchbranche, mach mit bei den Solidaritätsaktionen. Bestell selbst auch im stationären Buchhandel und stärke dessen Strukturen.
- Hast du im Eigenverlag oder im Selfpublishing veröffentlicht, biete dem Buchhandel spätestens jetzt professionelle Bedingungen für eine Bestellung an: aussagekräftige „Waschzettel“, Leseexemplare, kurze Lieferzeiten, günstige Einkaufskonditionen, das Recht auf Remissionen etc.
Außerdem gilt es, einen eigenen Vertriebsweg aufzubauen:
- Hast du einen eigenen E-Mail-Newsletter, um mit deinen Lesern und Leserinnen Kontakt aufzunehmen?
- Können diese auf deiner Webseite direkt bestellen?
- Hast du Kontakte zum Buchhandel, zu Influencern und zu anderen Autoren und Autorinnen, um euch gegenseitig zu stärken und zu fördern?
- Hast du als Selfpublisher oder Selfpublisherin einen kleinen Vorrat deiner Bücher auf Lager, um eine Bestellung schnell ausliefern zu können?
Es ist immer gut, sich aus Abhängigkeiten zu lösen. Die Corona-Krise und die neue Amazon-Strategie kann auch eine Chance sein, das bisherige Vorgehen zu hinterfragen, nach Alternativen zu suchen und neue Wege zu gehen.
Abb.: Hadrian / Shutterstock.com
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